Alles über den Weizenteig

Wiener Handgebäck

Eine echte Wiener Handsemmel, ein Salzstangerl oder ein Mohnweckerl: Alle drei können aus dem selben Germteig hergestellt werden! Ein Rezept für den Teig mit einigen Erklärungen, warum man diese oder jene Zutat nimmt und es auf diesem oder jenem Weg macht, findet ihr hier.

Das Rezept ist für 15 Stück Gebäck und benötigt ca. 15 Stunden in Summe; am Backtag ca. 3 Stunden.

Zutaten

Vorteig (Poolish)

  • 100 g Weizenmehl, Typ W700
  • 100 g Wasser, 30 °C
  • 1 g Germ

Hauptteig

  • 430 g Weizenmehl, Typ W700
  • 140 ml Wasser (16 – 18 °C)
  • 60 ml Vollmilch
  • 10 g Butter
  • 10 g Salz
  • 14 g Germ
  • 8 g Backmalz, aktiv

Stauben der Arbeitsfläche

  • Roggenmehl, Typ R500 oder
  • Kartoffel- oder Maisstärke (Maizena) und Roggenmehl Typ R960 im Verhältnis 50:50

Belag

  • Kümmel und Brezelsalz gemischt (für die Salzstangerl)
  • Blaumohn und etwas Brezelsalz gemischt (für die Mohnweckerl)

Über die Zutaten

Weizenmehl

Das Weizenmehl ist der Hauptbestandteil des Gebäcks – und hier gibt es unzählige Typen mit verschiedenen Eigenschaften. So beispielsweise den Ausmahlungsrad, der sagt, wie viel Prozent eines einzelnen Korns für das Mehl verwendet wurde. So werden für ein Vollkornmehl oft 98% des Korns verwendet; für die Typ W480 nur das Innere des Korns. Bei der Typ W700 um die 75%, W1600 um die 85%.

Eine weitere Eigenschaft ist der Anteil an Eiweißkleber, der im Mehl vorhanden ist: Dieser – umgangssprachlich als „Gluten“ bezeichnet – ist ein Protein, das im Weizenmehl vom Typ W700 tendenziell am häufigsten vorkommt. Nach dem Kneten des Teiges bilden die Proteine – vereinfacht gesagt – ein Gitter, in dem sich das CO2 verfängt und so für das Aufgehen und die Luftigkeit des Gebäcks sorgt.

Als dritter wichtiger Punkt sind die Mineralstoffe zu nennen: Sie sind für die Struktur und Elastizität zuständig, tragen zur Farbbildung bei, wirken positiv auf die Hefe – und sind schlussendlich auch gesund. Der Anteil von Mineralstoffen im Weizenmehl vom Typ W700 sind höher als beim Typ W480.

Alles in allem ist also Weizenmehl vom Typ W700 das ideale Mehl für Kleingebäck – daher wird es auch als Semmelmehl bezeichnet.

Staubmehl (Vorschussmehl)

Das Staubmehl – also das Mehl, das wir verwenden, um den Teig in der Backstube leichter zu verarbeiten – soll gänzlich andere Eigenschaften als das Semmelmehl haben. Roggen enthält weniger vom Klebereiweiß (Gluten) als Weizen, vielmehr aber pflanzliche Schleimstoffe (Pentosanen). Durch den geringeren Glutengehalt verkleistert die Roggenstärke weniger gut – und durch die Schleimstoffe hat es einen eingebauten „Schmierstoff“.

Das machen wir uns zunutze, um damit zu „stauben“ – wir verwenden es auf der Arbeitsplatte und auf unseren Händen, damit wir uns beim Verarbeiten des Teiges leichter tun. Außerdem erhält das Gebäck so auch eine schöne Farbe und eine geschmackvolle Kruste. Übrigens: Wenn wir das Weizenmehl für das Stauben verwenden würden, würden die Gebäckstücke außen „verkleben“, was die charakteristischen Merkmale (also bei den Semmeln der Stern; bei den Salzstangerl die einzelnen Lagen) reduziert.

Ideal ist ein Roggenmehl R500 – da dies aber schwierig zu bekommen ist, kann ein „übliches“ Roggenmehl (Typ R960) 50:50 mit Stärke gemischt werden.

Germ / Backhefe

Grundsätzlich kann frische oder Trockengerm verwendet werden. Bei der Trockengerm fehlt jedoch der initiale „erste Schub“, das heißt in Summe muss einfach mehr Zeit eingeplant werden. Frische Germ kann luftdicht einige Zeit – aber nicht zu lange – eingefroren werden. Germ sollte übrigens „muschelförmig“ brechen.

Vollmilch

Milch enthält unter anderem Milchzucker – einen Zucker, den Germ nicht mag… Dieser wird daher beim Backen an der Kruste leicht karamellisieren und außerdem Röstaromen bilden – die so genannte „Maillard-Reaktion“, die auch z. B. Pommes schön knusprig macht. Außerdem wird der Teig durch die Fette etwas geschmeidiger.

Salz

Salz ist ein wichtiger Bestandteil bei einem Germteig: Es verleiht dem Teig nicht nur Geschmack, sondern spielt auch eine wichtige Rolle beim Gärungsprozess. Es trägt dazu bei, die Gluten-Bindungen zu verdicken und damit zu stärken. Salz hilft auch, die Germ zu regulieren: Man merkt es, dass der Teig viel zu rasch aufgeht, wenn man Salz vergisst.

Was man jedoch vermeiden sollte, ist, das Salz direkt auf die Germ zu geben – das mag diese gar nicht; verflüssigt sich und stirbt ab. Gleichzeitig einrühren ist aber kein Problem.

Backmalz

Ein „Trick“, das Gebäck gleich näher an das professionell hergestellte bringt, ist die Verwendung von Backmalz. Dabei wird Getreide zum Auskeimen gebracht, anschließend getrocknet, gedarrt oder geröstet und vermahlen. Durch den Zusatz von Backmalz zum Teig werden der Germ leicht verwertbare Nährstoffe, u. a. Zucker und Aminosäuren zur Verfügung gestellt. Das Ziel ist eine Beschleunigung der Gärung (Verbesserung der Triebkraft) und eine bessere Teigbeschaffenheit. Auch wird das Gebäck rescher und erhält eine dunklere Farbe sowie den charakteristischen Geschmack.

Zubereitung

Weizenvorteig / Poolish / Dampfl

Wenn vor dem eigentlichen Hauptteig ein Vorteig angesetzt wird, spricht man von einer indirekten Teigführung. Vorteige zielen darauf ab, die Germ zu vermehren und die Gebäckqualität zu erhöhen. Das bewirkt eine längere Frischhaltung, bessere Krusteneigenschaften und einen intensiveren, volleren Geschmack. Früher wurde es auch dazu verwendet, um zu sehen, ob die Germ treibfähig ist – was durch die heutige Produktionsqualität nicht mehr notwendig ist.

Bezeichnungen dafür gibt es verschiedene. Sei es Hefestück, Dampfl oder Hebel im regionalen Gebrauch, oder aber internationale Bezeichnungen wie Sponge oder Poolish. Prinzipiell sind sie alle gleich herzustellen. Man nimmt Mehl, etwas Flüssigkeit und Germ.

Also in unserem Fall: Die Zutaten für den Vorteig in einer Schüssel vermengen und bei Zimmertemperatur 10 bis 20 Stunden zugedeckt reifen lassen. Am Ende der Reifung sollte die Masse Blasen werfen.

Hauptteig

Wasser, und Milch in eine Schüssel geben. Poolish und alle anderen Zutaten dazu. Mit der Küchenmaschine mind. 6 Minuten auf kleiner Stufe mischen (Mischphase) und anschließend 3 bis 4 Minuten schnell auskneten (Knetphase). Der Teig ist fertig, wenn er sich vom Schüsselrand löst, eine seidige Oberfläche hat und „schmatzt“ (gemeint ist das Geräusch, das der Teig macht, wenn er sich vom Rang löst). Den Teig nicht „überkneten“: Wenn er durch zu heftiges und langes Kneten zu warm wird, brechen die Eiweißbrücken wieder und der Teig kann nicht mehr aufgehen. Daher aufpassen, dass er nicht über 28 °C erhitzt – die ideale Teigtemperatur nach dem Kneten beträgt 26 °C. (Im heißen Sommer also ev. auch einen Teil des Wassers durch Eis ersetzen). Händisch kann man den Teig natürlich auch kneten, hier wird aber oft die Dauer unterschätzt: Eine halbe Stunde sollte man den Teig schon bearbeiten.

Anschließend den Teig mit einem Geschirrtuch zudecken und für 45 Minuten bei Zimmertemperatur gehen lassen.

Aufarbeitung

Den reifen Teig auf eine mit dem Staubmehl bedeckte Arbeitsfläche geben, in 60 g schwere Stücke teilen und „rundschleifen„.

Rundschleifen bedeutet, dass die Teiglinge mit der klebrigen Seite auf die Arbeitsplatte (am besten ist Holz) gesetzt werden und unter der hohlen Hand, mit dem Handballen auf der Arbeitsplatte, mit kreisenden Bewegungen rund geformt werden. Das sollte nur kurz erfolgen – wenn man die Teiglinge zu lange bearbeitet, reißen sie. Ziel ist, dass sie an der Oberseite eine glatte Oberfläche haben und sich unten ein sogenannter Schluss gebildet hat.

Zugedeckt nochmals 30 Minuten rasten lassen.

Formen

Nun kommt es darauf an, was man mit den Teiglingen machen möchte:

Kaisersemmeln

Die Teiglinge beidseitig in das Staubmehl tauchen und zu Handsemmeln formen: Den Teigling zu einem Fladen flachdrücken und den Daumen der linken Hand in die Mitte legen – der bleibt dort bis zum Schluss! Von oben den Fladen in die Mitte (unter den Daumen) klappen und festdrücken. Nun mit der Handkante der rechten Hand die Faltung fixieren und den Fladen von oben bis unten eindrücken. Nun den Teig etwas gegen den Uhrzeigersinn drehen, wieder die Spitze von oben in die Mitte falten, festdrücken und mit der Handkante fixieren. Das noch zwei Mal wiederholen. Dann die zukünftige Semmel in die Hand nehmen und den „Zipfel“ in die Teigtasche, in der vorher der Daumen war, stecken. Die Semmel mit dem Stern nach unten auf ein bemehltes Tuch legen und nochmals 30 Min. zugedeckt gehen lassen.

Sobald die Teiglinge ihr Volumen sichtlich vergrößert haben, umgedreht (also jetzt wieder mit dem Stern nach oben) auf ein Backpapier legen und mit Wasser besprühen.

Nun ca. 15 Min. backen (siehe unten) und gleich nach dem Herausnehmen nochmals mit Wasser besprühen.

Salzstangerl

Die Teiglinge auch hier beidseitig in Staubmehl tauchen und flach drücken. Mit einem kleinen Rollholz („Weigerl„) oval (also nur rauf-runter) auf ca. 5 mm Dicke ausrollen. Anschließend das Teigstück so drehen, dass die spitzere Seite zu einem selbst zeigt. Die von einem entfernte Seite etwas einklappen. Die Spitze mit der linken Hand halten, immer wieder daran ziehen, und unter Zug mit der rechten Hand mit etwas Druck von oben her einrollen – die fertige Salzstangerl sollten mind. 4 Wicklungen haben – dadurch erhält man schöne „Lauchen“ (Nahtstellen).

Mit dem Spitzerl nach unten auf ein Backpapier legen und zugedeckt nochmals 45 Min. gehen lassen. Dann mit Wasser besprühen, mit einer Brezelsalz-Kümmel-Mischung bestreuen und 10 bis 12 Minuten backen (siehe unten).

Mohnweckerl / Mohnstriezerl / Mohnflesserl

Hier die Teiglinge mit wenig Staubmehl etwas in die Länge ziehen und 2x der Länge nach falten und niederdrücken. Nun mit den Händen eine ca. 40 cm lange Schlange rollen. Das macht man mit allen und staubt sie anschließend ordentlich ein.

Nun jeweils eine Schlange nehmen und gedanklich dritteln: An den beiden Stellen jeweils mit dem Finger die Rolle eindrücken. Nun eine Schlaufe bilden: Das rechte Ende auf den rechten Drittelpunkt setzen. Die Schlaufe einmal gegen den Uhrzeigersinn drehen und das offene Ende durchfädeln. Nun die Schlaufe im Uhrzeigersinn (also immer in die Richtung des offenen Endes) drehen und das Ende wieder durchfädeln.

Mit Wasser besprühen und verkehrt in eine Blaumohn-Salz-Mischung tauchen. Auf ein Backpapier setzen, 20 Minuten rasten lassen und 15 Minuten backen:

Backen

Das Backrohr auf 230° C vorheizen – mit einem Backblech auf der untersten Stufe und einem umgedrehten Backblech in der Ofenmitte.

Das Backpapier mit den Teiglingen mit einer Pizzaschaufel direkt auf das vorgeheizte, umgedrehte (eben damit man sich mit der Schaufel leichter tut) Backblech geben. Dadurch erreicht man in Haushaltsöfen ein konstanteres Ergebnis – das Gebäck wird gleichmäßiger durch (Ja, wir haben einen Vergleichstest gemacht 😁).

Ein Stamperl Wasser auf das untere Backblech geben und den Ofen sofort schließen („Schwaden„). Durch das Schwaden und die dadurch erzeugte Luftfeuchtigkeit verlangsamt sich das Austrocknen des Teigs an der Außenseite und ermöglicht dem Teig, länger aufzugehen und somit lockerer zu werden.

Nach ca. 15 Minuten herausnehmen, wenn es Semmeln sind, gleich nochmals mit Wasser besprühen (damit erreicht man auch den schönen Glanz) und auskühlen lassen.

Tipps

  • Einfrieren: Wenn man das fertig gebackene Gebäck einfrieren möchte, am besten noch lauwarm, unverpackt direkt in das Gefrierfach legen. Erst nach einigen Stunden luftdicht verschließen.
  • Auftauen: Entweder einfach in Ruhe auftauen lassen – oder, wenn es schneller gehen soll, noch gefroren ganz kurz unters Wasser geben und bei 50° C aufbacken.

Quellen

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